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Raum 1

Wir heißen Sie im Minarett in Lednice herzlich willkommen.

In Kürze werden Sie durch die acht Säle im ersten Stock gehen. Um die wertvollen Mosaikböden zu schützen, tragen Sie bitte die bereitgestellten Hausschuhe. Bitte berühren Sie während der Führung nicht die Exponate und Wände und folgen Sie den Anweisungen. Das Fotografieren ist gestattet. Bitte beachten Sie, dass die Säle videoüberwacht sind.

Raum 2

Das Minarett, ist das berühmteste und kurioseste Bauwerk des Schlossparks in Lednice, es wurde zwischen 1797 und 1801 auf Wunsch des Fürsten Alois I. von Liechtenstein und von Josef Hartmuth, dem Direktor des fürstlichen Bauamtes, erbaut. Es diente der fürstlichen Familie und den Besuchern des Parks als Aussichtsturm, von dem aus sie den neu angelegten englischen Park und die vielen kleinen Gebäude in der Umgebung überblicken konnten. Das Erscheinungsbild des Minaretts und der Moschee wurde stark von Muslemischen Bauwerken beeinflusst, die in mehreren bedeutenden europäischen Gärten errichtet wurden. Dazu gehörten die Pagode und die Moschee in den englischen Royal Gardens in Kew, die Moschee im Garten des Herzogs von Hessen-Kassel in Schwetzingen und die Aussichtspagode im Park des französischen Schlosses Chanteloup. Während Fürst Liechtenstein die meisten dieser Bauten auf seinen Reisen besichtigte, ließ sich der Architekt Hartmuth vor allem von der umfangreichen Literatur der bedeuteten Baumeister inspirieren, etwa von den Entwürfen von Georges-Louis Le Rouge und Christian Cay Lorenz Hirschfeld. In diesem Zusammenhang sei hinzugefügt, dass der Begriff „orientalisch“ Ende des 18. Jahrhunderts nahezu alles umfasste, was aus dem Osten kam, unabhängig davon, ob es sich um einen muslimischen, chinesischen oder japanischen Einfluss handelte. Dass kaum jemand großen Wert auf die genaue Unterscheidung der verschiedenen Stile legte, lässt sich am besten an den zeitgenössischen Bezeichnungen des Minaretts selbst erkennen: Orientturm, Ostturm, Moschee oder Turm zu Babel.

Beachten Sie in diesem Raum unbedingt den Schachtisch, der zu den wenigen Originalartefakten aus den orientalischen Sammlungen der Familie Liechtenstein gehört.

Raum 3

Das Minarett diente der Fürstenfamilie und den Gästen des Parks nicht nur als Aussichtsturm, sondern auch als komfortables Sommerschloss, in dem die Liechtensteiner gerne ihre Freizeit verbrachten. Jeder Raum im ersten Stock der Moschee wurde unter der Aufsicht des Architekten Hartmuth in einer anderen Farbe bemalt und dekoriert. Die Wände waren mit Zitaten aus dem Koran und dekorativen Ornamenten bedeckt, die in Gold gemalt waren. Große Aufmerksamkeit wurde den Böden gewidmet, die, wie bei den späteren errichteten Liechtenstein-Gebäuden in der Gegend, möglicherweise von der Bildhauerwerkstadt des berühmten italienischen Marmordesigners Giuseppe Geatan Martinetti bearbeitet wurden. Der Boden besteht aus Mosaiken aus venezianischem Terrazzo. Nach dem Wiederaufbau des Minaretts im Jahr 1868 gestaltete der Wiener akademische Maler Josef Geyling die Innenräume im maurischen Stil um. Fürst Johann II. von Liechtenstein ließ einen Teil seiner umfangreichen orientalischen und arabischen Sammlungen im Innenraum installieren, die durch exotische Trophäen von Tieren ergänzt wurden, die während der Reisen von Mitgliedern der Fürstenfamilie nach Afrika und Asien gejagt worden waren. In den 1980er Jahren wurden die Räume aufgrund mangelnder Statik verschlossen und Wände und Böden stark beschädigt. Nach einer aufwendigen Restaurierung konnten sie 2017 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Raum 4

Wir beträten die Halle, die mit Möbeln im maurischen Stil eingerichtet ist – Ebenholz mit Perlmutt-Intarsien. Darüber hinaus ist dieser Raum mit einer Lampe aus dem frühen 19. Jahrhundert geschmückt, die höchstwahrscheinlich als Vorbild für andere dekorative Beleuchtung in Gebäuden im orientalischen Stil diente. Die Kuppeln der vier Eckräume und die Decken der verbleibenden vier Innenräume sind ganz in der osmanischen Tradition dekoriert. Insbesondere die Dekoration der Kuppeln ist eine sehr gelungene Kopie ihrer türkischen Vorbilder. Sowohl florale als auch geometrische Muster, insbesondere die Ranken- und Sternornament, sind genau Anlehnungen an ihre Vorbilder und passen in Form und Farbe zusammen. Die goldenen Inschriften in blauen Kartuschen, die am unteren Rand der Kuppeln sichtbar sind, haben jedoch keine Bedeutung. Sie sind ein übliches dekoratives Element in Nachahmung der kalligrafischen Wiedergabe der arabischen Schrift, die in der gesamten islamischen Kunst weit verbreitet war und bis heute zu finden ist. Darüber hinaus waren die Decken ursprünglich mit Halbedelsteinen verziert, die inzwischen durch Glasrepliken ersetzt wurden. Initiator des Baus des Minaretts war der regierende Fürst Alois I. von Liechtenstein (1759–1805), der an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zu den reichsten Adeligen der Habsburgermonarchie zählte. Die Erziehung des etwas widerspenstigen jungen Prinzen übernahm zunächst der überaus gebildete Angelo Soliman, ursprünglich ein schwarzer Sklave vom Stamm der Kanuri, der es vom Pagen zu einer der Schlüsselfiguren des fürstlichen Hofes in liechtensteinischen Diensten brachte. Das Leben des gebildeten und kultivierten Prinzen wurde insbesondere von seinen Reisen nach Westeuropa geprägt. Die späten 1780er und frühen 1790er Jahre verbrachte er in Frankreich und England, wo er neben der gerade aufkeimenden Industriellen Revolution auch den Lebensstil der höchsten britischen Aristokratie kennenlernte, der eng mit seiner Vorliebe für englische Gärten verbunden war. Kurz nach seiner Rückkehr in die Monarchie im Jahr 1794 begann er mit der Landschaftsgestaltung des Lednice-Parks, der zum bedeutendsten englischen Park Mitteleuropas werden sollte. Neben dem Minarett entstanden zu seinen Lebzeiten im Park auch eine Reihe weiterer exotisch anmutender Bauten, die der Architekt Josef Hartmuth entworfen hatte: ein holländisches Fischerhaus, ein ägyptisches Bad, ein römisches Aquädukt, ein chinesischer Sommerpalast und die Nachbildung einer slowakischen Holzhütte.

Raum 5

Im Originalinventar des Minaretts findet man auch einige sehr beliebte orientalisches Objekte – Teppiche.  Teppiche gehören zu den ältesten menschengemachten Handarbeiten und haben eine lange Geschichte, die Tausende von Jahren zurückreicht. Ihre Entwicklung spiegelt den sich ändernden Geschmack und die ästhetischen Vorlieben sowie technologische Innovationen und den kulturellen Austausch zwischen den Völkern wider. Die ersten Teppiche wurden wahrscheinlich aus verfügbaren natürlichen Materialien wie Tierhäuten oder Pflanzenfasern hergestellt. In den frühen Tagen dienten sie hauptsächlich zum Schutz vor Kälte und Staub. Sie wurden jedoch nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch mit Blick auf die Optik hergestellt, was zu den ersten einfachen Designs führte, die von natürlichen Formen und Farben inspiriert waren. Im Laufe der Zeit wurde die Teppichherstellung zu einer anspruchsvolleren und hoch geschätzten Handwerkskunst. Die Region Persien, die für ihren kulturellen Reichtum bekannt ist, entwickelte Techniken, die das Färben und Weben perfektionierten.

Persische Teppiche sind für ihre hohe Qualität und ihre komplizierten Designs bekannt, die oft geometrische Formen, Blumenmotive und symmetrische Ornamente enthalten.

Die Weber verwendeten natürliche Materialien wie Pflanzen, Mineralien oder verschiedene Insektenprodukte, um lebendige und haltbare Farben zu erzielen. Im Mittelalter verbreitete sich die Kunst der Teppichknüpfung in die islamische Welt, wo Teppiche nicht nur bei religiösen Zeremonien, sondern auch im Alltag eine wichtige Rolle spielten. Sie waren oft mit kalligraphischen Inschriften und komplizierten Arabesken verziert. Sie wurden auch zu einem wichtigen Handelsgut, was zu ihrer Verbreitung nach Europa führte, wo sie zu einem hochgeschätzten Handelsgut wurden.

Raum 6

Um den Bau des Minaretts ranken sich mehrere Gerüchte:

„Im Jahre 1795 kaufte der Fürst zur Erweiterung der Gärten vor dem Schloss die bestehenden strohgedeckten Häuschen, das alte Rathaus und die Kirche, mit der Absicht, sie für das Dorf auf einem anderen Gemeindegrundstück oder auf seinem eigenen Grundstück neu errichten zu lassen. Er schloss mit der Gemeinde einen Vertrag darüber ab, der für Lednice sehr vorteilhaft war. Der Bürgermeister musste sich nur noch mit dem Passauer Bistum um die Zustimmung zum Bau und zur Weihe der Kirche bemühen. Der damalige Passauer Bischof zögerte jedoch noch mit seiner Zustimmung, so dass Fürst Alois Joseph I. beschloss, sich vorerst mit dem Bau von etwas anderem zu befassen. Er beabsichtigte noch, im Gebiet der Blatské Almen einen Obelisken mit Aussichtsturm zu errichten. Lednice liegt in der Ebene und hat keinen Hügel, von dem aus man die Landschaft überblicken kann. Doch es geschah etwas, womit der Fürst nicht gerechnet hatte. Der Oberbürgermeister behauptete, das Grundstück gehöre nicht zum Gut, es sei Eigentum der Gemeinde und er wollte kein solches Gebäude auf seinem Land. Der Fürst und die Gemeinde gerieten in einen Streit um das Land, es wurde lange darum gestritten und die Gemeinde brach die zuvor geschlossene Vereinbarung mit dem Fürsten, um frei über das Land der Blatske`-Weiden und den neuen Kirchenbau entscheiden zu können. Es wird gesagt, dass der Bau der neuen Kirche in Lednice nie stattfand. Als der Fürst nicht auf den Blatské-Weiden bauen konnte, beschloss er, auf seinem Land am Schlossteich einen Aussichtsturm zu errichten. Die Geschichte besagt, dass der Architekt des Fürsten, Josef Hartmuth, die Pläne für den türkischen Turm oder das Minarett, wie wir heute sagen, in nur einer Nacht entwarf.“ 

Abgesehen von der Legenden liefert eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1840 Informationen über den Bau des Minaretts: 

„Im Herbst 1797 begann unter der Leitung des Architekten Hartmuth das gigantische Werk, an dem tausend Arbeiter beteiligt waren, die im Winter eine Grube von hundert Quadratklaftern und sechzig Fuß Tiefe aushoben. Während die Pumpe das Wasser, das aus der Thaya in das Loch eindrang, kontinuierlich abpumpte, trieben die Arbeiter fünfhundert, achtzehn Fuß (5,40m) lange Erlenpfeiler hinein, auf die sie sechsundneunzig Eichenroste legten und so ein solides Fundament bildeten. Die Fundamente dieses Blocks wurden bis zur Höhe des Geländes mit Erde aufgefüllt, und darauf wurde schließlich ein zweihundertachtzehn Fuß (66,50m) hoher Turm errichtet. Im Jahr 1800 war das Bauwerk fertig, aber das Gerüst selbst war bemerkenswert. Seine Struktur, die sich zwölfmal spiralförmig um den Turm wickelte, hatte Geländer und war so stabil, dass zehn Zentner schwere Steinblöcke hinaufgetragen werden konnten. Ein Kavalleriekorporal ritt sogar bis zur Spitze, wobei das Pferd kaum Furcht zeigte der Legende nach.“

Raum 7

Wir befinden uns in einem Raum, in dem das einzige erhaltene Gemälde, dass von Josef Hartmuth entworfene ist. Der Architekt Hartmuth wählte Zitate aus dem Koran, die seit jeher ein grundlegendes Element der islamischen Kunst sind, um den Innenraum zu schmücken. Die einzige liturgische Sprache des Islam ist Arabisch, obwohl die islamische Welt eine Vielzahl von Ethnien und Dialekte umfasst. Deshalb sind die Koraninschriften im Minarett auf Arabisch dargestellt. Die falsche Reihenfolge der Versteile und Satzzeichen lässt vermuten, dass der Architekt Hartmuth Schablonen mit Textteilen hatte, die so zusammengesetzt waren, dass sie formal an die Wand passten, anstatt Bedeutung zu enthalten. Solche Schablonen könnten im Osmanischen Reich nach Maß angefertigt und nach Lednice importiert oder auf europäischen Kunstauktionen gekauft worden sein. Die vergoldeten Texte sind mit floralen Zierbändern gesäumt, die ganz dem europäischen Geschmack entsprechen, auch wenn die osmanische Kunst für ihre große Vorliebe für florale Dekoration bekannt ist. Osmanische Designs basieren konsequent auf der lokalen Flora: Nelken, Kornblumen, Tulpen, Hyazinthen, Glockenblume, Lilien und Rosen. Solche Blumenmuster wurden dann zu einem beliebten und sehr verbreiteten Motiv für Keramikfliesen, die zum Verkleiden ganzer Wände verwendet wurden und dann zu einem der typischen Merkmale der arabischen Architektur wurden. Der Architekt Josef Hartmuth (1758-1816), einer der wichtigsten Schöpfer der Landschaft zwischen Lednice und Valtice, begann seine Karriere als Maurer in der Firma seines Onkels Josef Meissl, der im Dienste der Fürsten von Liechtenstein arbeitete. Die Popularität muslimischer oder vielmehr türkischer Motive, die seit 1782, als Mozarts Oper Die Entführung aus dem Serail uraufgeführt wurde, in aristokratischen und bürgerlichen Kreisen existierten, könnte bei Hartmuths Entwurf des Minaretts eine Rolle gespielt haben. Dass die adelige Gesellschaft diese Motive sehr mochte, belegt nicht nur das andere berühmte Werk des Komponisten, das Klavierrondo Alla Turca, sondern auch die zahlreichen Porträts von Aristokraten in türkischen Kostümen, das volkstümliche Kaffeetrinken oder exotische Szenen auf Rokoko-Porzellanfiguren. Es ist möglich, dass die Absicht, in Lednice ein Minarett zu errichten, von der Erinnerung an Angelo Soliman beeinflusst wurde, einen gelehrten Afrikaner, der den Fürsten durch Teile seiner Jugend begleitete.

1790 wurde Josef Hartmuth Hofarchitekt von Liechtenstein und Direktor des fürstlichen Bauamtes, das Gebäude auf allen ausgedehnten Besitztümern entwarf. Neben dem Wiener Palast und anderen Gebäuden in Österreich baute Hartmuth für die Liechtensteiner in Mähren eine Reihe von Kirchen, Schlössern und kleineren Gebäuden in der Umgebung von Lednice und Valtice, wie das berühmte Johannesburg, den Dianatempel und die Kolonnade in Rajstno. Als einer der berühmtesten österreichischen Architekten des frühen 19. Jahrhunderts und wichtiger Vertreter des Neoklassizismus widmete er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Fürsten widmete er sich Erfindungen. Eine seiner größten Erfindungen war der Bleistift. Die Firma, die seinen Namen trägt, existiert noch heute.

Raum 8

Das Minarett war eines der Grundelemente der Romantik und freimaurerischen Phase des Lednice-Parks. Licht, Erleuchtung oder Aufklärung als Feier und Synthese von Emotion und Vernunft wurden hier zum zentralen Motiv. Auch die vergoldete Mondsichel auf dem Turm bezieht sich darauf. Das Gebäude schloss optisch einen der acht Durchgänge des benachbarten Naturschutzgebiets Hvězda sowie die Hauptachse vom Schloss ab. Das Schloss Lednice, der Park und das Minarett waren schon immer für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein Beweis ist ein Auszug aus dem Tagebuch der Gräfin Maria Anna Maximiliana von Hardegg aus dem Jahr 1821:

„...der Turm von Babel, bestehend aus zweihundertdrei Stufen, von deren höchster Stelle der Blick sehr weit und breit ist. Im ersten Stock sind acht sehr reizende Räume, jeder anders gestrichen und hübsch in derselben Farbe dekoriert, mir gefiel besonders das Blau. Von hier gingen wir zur Grotte oder Höhle, dann zu den Bädern und schließlich zum Schloss, wo wir fünfundsechzig Räume sahen, die meisten davon sehr schön und einige sogar prächtig eingerichtet.“

Genau wie der deutsche Bundeskanzler Otto von Bismarck nutzen Kaiser Franz Joseph I., der berühmte österreichische Bergsteiger Josef Kyselak, der Sohn von Königin Victoria Prinz Arthur, der Maler Ferdinand Runk, der Dichter Petr Bezruč, Prinzessin Mona von Oman, Kronprinz Alois von Liechtenstein und viele andere berühmte Persönlichkeiten die Gelegenheit, auf die Galerien des Minaretts zu steigen, von wo aus man einen einzigartigen Blick auf den englischen Park und die Umgebung hat“. Entdecken Sie beim Spaziergang durch den Park die malerischen Winkel und begegnen Sie auf dem Weg zum Schloss auch kleinen Bauten, die wie das Minarett an den Zauber alter Zeiten erinnern. Jede Jahreszeit bringt ihre ganz eigene Schönheit mit sich. Genießen Sie sie.

Vielen Dank für Ihren Besuch.

Nähere Informationen zum Minarett finden Sie in der Broschüre, die Sie an der Kasse erwerben können.

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